Habicht

Foto © C. Zahn

Der 1935/36 von Hans Jacobs bei der Deutschen Forschungsanstalt für Segelflug (DFS) in Darmstadt entwickelte Habicht war das erste speziell für den Kunstflug konzipierte Segelflugzeug. Der Auftrag war, ein Flugzeug zu bauen, mit dem bei den Olympischen Spielen 1936 Kunstflugvorführungen gezeigt werden konnten. Damals war beabsichtigt, den Segelflug ab den Spielen von 1940 als olympische Disziplin zu etablieren.
Jacobs, der wohl erfolgreichste Segelflugzeug-Konstrukteur der 1930er, stützte sich beim Entwurf des Habicht auf seinen bewährten Leistungssegler „Rhönsperber“ ab. Selbstverständlich bekam der Habicht auch den damals üblichen Knickflügel, obwohl der für den Kunstflug kaum Vorteile bringt. Jacobs dimensionierte den Habicht für Bruchlasten von +12 und -9. Mit dem Sicherheitsfaktor j=2 ergab das sichere Lastvielfache von +6 / -4,5. Die damaligen Bauvorschriften forderten auch eine Höchstgeschwindigkeit entsprechend der Endsturzgeschwindigkeit. Weil bei diesen hohen Geschwindigkeiten die Torsionslast an einem unsymmetrisch profilierten Flügel sehr gross wird, musste die Nasenbeplankung des Innenflügels mit 3 mm Sperrholz diagonal ausgeführt werden, um die nötige Festigkeit zu erreichen. In der Erprobung wurde der Habicht dann bis zu einer Höchstgeschwindigkeit von 450 km/h (TAS) gestürzt.

Die Vorführungen mit dem Habicht über dem Olympiastadion in Berlin erregten weltweites Aufsehen und und bewiesen spektakulär die Möglichkeiten des Segelkunstflugs. Man muss sich aber auch darüber im Klaren sein, dass dies Teil einer gigantischen Propagandashow war mit dem erklärten Ziel, den Hitler-Staat zu verherrlichen. Wie ja der gesamte Segelflug im damaligen Deutschland längst von den Nazis „gleichgeschaltet“ war und primär der „Wehrertüchtigung“ und Nachwuchsgewinnung für die Luftwaffe zu dienen hatte.

Im Krieg wurde der Habicht in grossen Stückzahlen produziert (manche Quellen sprechen sogar von mehreren Hundert Exemplaren) und im Rahmen des Projekts Raketenjäger Me 163 eingesetzt. Alle für die Me 163 vorgesehenen Piloten hatten eine Segelflugausbildung erhalten und benutzten den Habicht als Übungsflugzeug. Um sie mit den Gleitflugeigenschaften und der problematischen Landetechnik der Me 163 vertraut zu machen, flogen sie den „Stummel-Habicht“, zuerst mit 8 m und dann mit 6 m Spannweite. Erst danach kamen Gleitflüge auf der Me 163, noch ohne Raketenantrieb.

Zeichnung © Richard Ferriere

Nach Kriegsende wurden die verbliebenen Habichte grösstenteils als Kriegsmaterial vernichtet. Lediglich ein Habicht aus der Produktion vor 1945 hat im Musée de’l Air in Paris Le Bourget überlebt. Das letzte flugfähige Exemplar wurde 1962 beim Einsturz eines Hangars in Innsbruck zerstört.

Der Oldtimer Segelflugclub Wasserkuppe ging Anfang der 1980er daran, einen Habicht originalgetreu neu zu bauen. Der OSC benötigte 5 Jahre – von 1982 bis 1987 – um dieses einzigartige Flugzeug unter der Leitung von Josef „Seppel“ Kurz zu erstellen. Die Suche nach den original-Bauunterlagen gestaltete sich als kriminalistisches Puzzle. Die Komplettierung der Zeichnungen und Berechnungsunterlagen zog sich durch die gesamte Bauzeit. Nach 3.600 Baustunden konnte am 20. Juni 1987 Seppel Kurz zum Erstflug starten. Das deutsche Luftfahrt-Bundesamt erteilte am 16.02.1988 dem Habicht, Baureihe E, die erneute Musterzulassung.
Von 1998 bis 2005 war der D-8002 im Segelflugmuseum auf der Wasserkuppe ausgestellt. 2006/2007 wurde er überholt und ist seit Mai 2007 wieder auf Flugtagen und bei Oldtimer-Rallyes zu sehen.

Seit 2001 kann man einen weiteren, wunderschönen Habicht-Neubau bewundern.
Der D-1901 wurde in dreijähriger Arbeit von Grossvater, Sohn und Enkel Zahn gebaut. Walter und Clemens Zahn waren seit vielen Jahren mit ihren Grossmodellen in der Modellflugszene wohlbekannt.
Als Enkel Christoph 1998 mit der Segelfliegerei begann, keimte der Entschluss, für ihn ein „richtiges“ Segelflugzeug zu bauen. Die Wahl fiel auf den Habicht, der auf der Grundlage der vom OSCW erstellten Bauunterlagen vom LBA für den Amateurbau zugelassen ist. Die Zeichnungssätze stellte das Segelflugmuseum zur Verfügung.

Dem D-1901 sieht man die liebevolle Bauausführung von allen Seiten an.
Rund 5000 Arbeitsstunden hatten die Zahns bis zum Erstflug im April 2001 investiert. Das Seitenruder ziert übrigens ein Portrait des Konstrukteurs Hans Jacobs.

Fotos © C. Zahn

Das absolute Highlight zum Thema „Habicht“ setzte Christoph Zahn beim Salzmann Cup 2009: Er siegte mit dem D-1901 in der Kategorie Advanced gegen 23 Konkurrenten auf Swift, Fox und SZD-59. Und das mit einem Vorsprung von mehr als 200 Punkten!

Im April 2012 flog der dritte „neue“ Habicht in Deutschland zum ersten Mal. Mitglieder des FSV Vaihingen / Enz haben den D-6868 in mehr als siebenjähriger Arbeit erstellt.

In der Fotogalerie des FSV Vaihingen finden sich viele interessante Bilder von Bau und Erstflug des Vaihinger Habicht.

Hier ein sehenswertes Video, in dem Tommy Brückelt mit dem D-6868 ein meisterhaft geflogenes Unlimited-Programm vorführt. Unglaublich was man mit diesem „neuen Oldtimer“ alles anstellen kann!

Technische Daten

Spannweite13,6 m
Flügelfläche15,82 m²
ProfileGö 420 mod. / NACA M-6
Länge6,58 m
Leermasse240 kg
max. Flugmasse350 kg
Höchstgeschwindigkeit VNE250 km/h
Mindestgeschwindigkeit VS55 km/h
beste Gleitzahl21 bei 75 km/h
geringstes Sinken0,8 m/s bei 65 km/h

Stand, 04-2020