Sonntag, 13. Juli
Heute Vormittag haben wir in Schänis den Fox eingepackt. Als wir fertig waren, hörte es auf zu regnen. Künstlerpech!
Freitag werden wir uns auf die Fahrt nach Toruń machen. 1300 km, in einem Tag ist das nicht zu schaffen, also übernachten wir in der Nähe von Berlin.
Samstag, 19. Juli
Nach langer Autofahrt sind wir, Christoph, Martin, ich und unser Fox am Flugplatz in Toruń angekommen.
Vieles ist noch vertraut von der WM 2011, aber nach dem ersten Eindruck haben die polnischen Gastgeber auch viel dazu gelernt. Alles sieht viel ordentlicher und organisierter aus. Schauen wir mal, wie sich das die nächsten Tage anlässt…
Morgen wollen wir einige Trainingsstarts machen und dann wird sich schon zeigen, was wir von dieser Meisterschaft erwarten können.
Sonntag, 20. Juli
Heute war der Andrang noch sehr moderat und jeder von uns bekam drei Trainingsflüge. Das Wetter spielte auch einigermassen mit. Wir hatten nur einen Schauer, der sich freundlicherweise erst nach dem Passieren des Flugplatzes zum Gewitter entwickelte. Heute Abend ging ein grösserer Gewitterguss nieder, aber erst nachdem wir den Fox im Hangar verstaut hatten und zu unserem Appartment in der Stadt abgefahren waren.
Morgen werden viel mehr Piloten fliegen wollen. Wir haben uns nur noch je einen Flug vorgenommen. Briefing wird morgen schon um 0730 Uhr sein, deshalb haben sich Martin und Christoph schon zu Bett begeben.
Montag, 21. Juli
Das „Briefing“ fand der Einfachheit halber im Freien statt (fast wie in Schänis). Jeder bekam seine Startnummer und los gings.
Geschleppt wird heute mit einer Extra 300 und einer uralten Yak 12, die aber mit ihrem Sternmotor von ca. 300 PS gar nicht so schlecht steigt. Die Startreihenfolge geht zügig voran und bis Mittag sind schon fast 40 Starts gelaufen.
Die Box liegt wieder, wie schon 2011, im Winkel von ca. 15° versetzt zu den beiden Pisten 10/28 und 01/19. Wegen der Waldkanten, die den Flugplatz begrenzen, geht das leider nicht anders, aber die Markierungen sind sehr gut zu sehen und für die erfahreneren Piloten ist das kein Problem.
Am Nachmittag hatten wir das Meeting des Glider Aerobatic Subcommittee, an dem alle Vorschläge für das internationale Reglement 2015 verhackstückt wurden. Nächstes Jahr gibt es jedenfalls keine sensationellen Änderungen am Regelwerk. Wichtigster Punkt waren die Bestimmungen für den Segelkunstflug im Rahmen der World Air Games 2015 in Dubai.
Für morgen, Dienstag haben wir uns keine weiteren Trainingsflüge vorgenommen und planen uns nochmal auszuruhen bevor es ernst wird.
Schlepp mit Yak 12
Dienstag, 22. Juli
Heute Vormittag war Sightseeing angesagt. Vor allem der Blick vom Turm des alten Rathauses über die Dächer der Altstadt von Toruń ist spektakulär.
Am Nachmittag ging’s nochmal auf den Flugplatz. Die Linienrichter mussten in den Gebrauch unserer Schweizer Peilgeräte eingewiesen werden. Morgen um 0800 ist das erste offizielle Briefing. Dann wird auch bestimmt, welche Klasse zuerst ihre Bekannte zu fliegen hat.
Toruń, Dom
Mittwoch, 23. Juli
Nach dem Eröffnungsbriefing sollte die Advanced mit der Bekannten anfangen. Martin hat Startnummer 15, Manfred 27 und Christoph wird als Nummer 36 das Licht in der Box ausknipsen. Als der Start aufgebaut war, kam uns der Wind schon verdächtig stark vor und im Nordosten braute es sich mächtig zusammen. Den Warmup-Piloten hat es gnadenlos nach Lee verblasen und die Windmessung mit genau 10 m/s war dann doch recht suspekt. Noch bevor unser Freund Jukka aus Finnland den Reigen eröffnen konnte, ging zuerst der Wind aus den Limits und dann war das erste Gewitter schon über uns. Als der Spuk vorbei war und sich der Wind wieder beruhigt hatte flog Jukka seine Bekannte, aber während er noch in der Luft war begann es schon wieder zu tröpfeln. Das nächste Gewitter hatte schon Hagel im Gepäck, also hiess es wieder einräumen.
Als nach der Mittagspause absehbar war, dass es so wohl den ganzen Nachmittag weiter gehen würde, kam die Neutralisation.
Nachher gehen wir zur Eröffnungsfeier im Artushof und hoffen, dass die Reden nicht allzu lang sein werden…
Toruń, Artushof
Nach den Reden mit kaum erträglicher Lobhudelei für alle „Grosskopfeten“ gab es noch einen Apéro mit ungeniessbarem Sekt aber recht ordentlichen Häppchen. Mit dem so angeregten Appetit gönnten wir uns noch jeder ein feines Steak, bevor wir wieder unsere Unterkunft aufsuchten.
Das Wetter scheint sich zu ändern, es ist kühler geworden und ich befürchte, dass morgen der Wind Schwierigkeiten macht und regnen dürfte es wohl auch wieder.
Donnerstag, 24. Juli
Schon beim Briefing machte uns der Meteorologe wenig Hoffnung, dass der Wind irgendwann in den Limits sein würde. Ein recht kräftiges Tief über dem Balkan schaufelt feuchte Luft vom Schwarzen Meer über Polen hinweg.
Um 11 Uhr entschloss sich das Contest Management die Zeit zu nutzen und die Figurenauswahl für die Unbekannten durchzuziehen. Es gab nichts dramatisch Neues, nur die Italiener tobten sich mit vielen 4/8-Rollen und halben Superslows aus. Entweder können sie diese Rollen mit ganz wenig Fahrt fliegen, oder sie glauben die Box würde wegen ihnen verlängert…
1330 kam dann die Cancellation, da der Wind nicht vor dem Abend nachlassen würde. Morgen um acht sehen wir weiter, aber die Prognose gibt uns eine hohe Regenwahrscheinlichkeit.
Freitag, 25. Juli
Neun Minuten vor der angesetzten Briefingzeit um 0800 kam die Verschiebung auf 1000 per SMS. Sehr hilfreich; wir waren um 0730 in der Stadt abgefahren!
Pünktlich um acht begann es dann auch zu regnen. So wurde das Briefing weiter auf 1400 verschoben und dann endgültig neutralisiert. Die Prognose für morgen ist auch nicht berauschend. Das Management hat deshalb eine Bustour nach Gdynia an der Ostsee organisiert, wo morgen das Red-Bull-Race stattfindet.
Sonntag, 27. Juli
Das gestrige Red Bull Air Race war genau so langweilig, wie ich es vom Fernsehen kenne. „You seen one, you seen ‚em all!“ Zuvor hockten wir volle fünf Stunden im Bus, der sich über total verstopfte Strassen nach Gdynia quälte. In Torun hätte man zumindest den ganzen Nachmittag fliegen können.
Heute spielte das Wetter endlich mit und wir zogen die Bekannte Pflicht der ADV durch. Wie gewohnt, liegen rund zwei Drittel der Piloten mit ihren Punkten sehr eng beisammen. Erfreulich, dass Christoph bei seinem ersten Start auf einer WM sogar den Routinier Martin um zwei Ränge übertraf.
Alle Ergebnisse, wie gewohnt auf der CIVA-Results-Seite.
Dienstag, 29. Juli
Es wird schon wieder heiss hier! Die Frau Meteo versprach uns ca. 32 Grad mit einem Gewitterrisiko von 20%.
Gestern flogen wir unsere Küren. Martin war nicht auf der Höhe seines Könnens und konnte sich nicht verbessern. Manfred flog ausgesprochen schlampig und kam nur auf Rang 17. Christoph, mit der allerletzten Startnummer brachte den Knaller: Rang 9! Es kann also nur noch besser werden.
Gerade fliegt die Unlimited ihre Kür und der Wind ging dann auch schon mal aus den Limits. Aber inzwischen geht’s wieder weiter. Wir werden am Nachmittag mit der ersten Unbekannten Pflicht dran sein. Das Programm enthält ein paar Knacknüsse, dürfte aber mit Ausnahme der letzten Figur nicht allzu schwierig sein. Schaun‘ wir mal…
Unbekannte 1 Advanced
Als wir nach dem Mittagessen aus der Stadt zum Flugplatz kamen, war gerade der Wind wieder mal aus den Limits. Bei der Ballonmessung erwischte das Ballönli prompt einen Thermikschlauch und zischte nach oben ab. Also kam die Extra mit GPS zum Zug und siehe da, der Wind war wieder in den Limits!
Inzwischen waren aber die Punktrichter in ihrer Sandkuhle am Flugplatzrand so ziemlich gar gekocht und kurz vor Vier kam die Mitteilung, dass die Advanced heute nicht mehr fliegen würde. Also morgen Früh, neues Spiel, neues Glück!
Mittwoch, 30. Juli
Heute Vormittag gings endlich zur Sache. Zuerst hatten wir noch eine Debatte über die richtige Methode zur Windmessung und die Abstimmung unter den Teams ergab eine Zweidrittel-Mehrheit für die Anhebung der Gegenwind-Limite auf 12 m/s.
Christoph startete als erster Schweizer. Leider zeigte sich bei ihm die noch fehlende WM-Routine. Bei der vorletzten Figur, der zwei-Viertel 45 auf aus Rücken verlor er momentan die Orientierung und musste sich neu positionieren, bevor er die letzte Figur den gefürchteten polnischen Humpty 45 ab fliegen konnte. Diese Figur wurde gewertet und so blieb ihm die Rolle des Schlusslichts erspart. Einige waren von dem Programm offensichtlich überfordert und machten noch viel krassere Fehler.
Manfred der als nächster dran war, konnte seine Erfahrung ausspielen und flog sich auf den fünften Tagesrang. Martin war heute viel besser drauf und schaffte den elften Rang. Insgesamt können wir sehr zufrieden sein mit dem heutigen Resultat. Manfred ist in der vorläufigen Gesamtwertung auf Rang fünf, Martin auf zwanzig und Christoph auf fünfundzwanzig.
Mit drei kompletten Programmen wäre die Meisterschaft gültig. Aber noch hoffen wir auf mindestens ein viertes Programm. In der Free Unknown könnten wir uns ja nochmals steigern…
Morgen ist das Briefing erst mal um eine Stunde verschoben, weil gemäss Prognose heute Nacht eine aktive Kaltfront durchziehen soll.
Free Unknown Switzerland
Donnerstag, 31. Juli
Leider hatten wir keine Chance, heute noch mit unserer Free Unknown zu beginnen. Nachdem die Unlimited gestern nur noch sechs Piloten in die Luft brachte, sollte heute die erste Unbekannte der Unlimited fertig geflogen werden.
Bereits während wir noch unterwegs zum Flugplatz waren, wurde das Briefing auf zehn Uhr verschoben und später noch bis Mittag. Justina, unsere Meteorologin, hoffte auf ausreichende Wolkenhöhe und nicht zu starken Wind, also wurde der Start aufgebaut. Aber den ganzen Nachmittag waren entweder die Wolken zu tief oder der Wind über dem Limit, so dass die Unlimited erst nach 18.00 Uhr starten konnte. Von der Stadt aus konnten wir die Schlepps bis kurz vor Sunset beobachten. Laut der veröffentlichten Wertungsliste reichte es aber nur für elf weitere Teilnehmer.
Unsere Wertungen sind jetzt komplett und mit drei geflogenen Programmen ist unsere Meisterschaft auch gültig. Morgen wird jedenfalls zuerst die Unlimited die restlichen fünfzehn Piloten durchziehen, damit auch deren Meisterschaft gültig wird. Frühestens gegen Mittag rechne ich damit, dass wir mit unserer Free Unknown beginnen können. Da wir recht hohe Startnummen haben (Christoph 17, Manfred 23 und Martin 35) kämen wir jedenfalls erst im Laufe des Nachmittags dran.
Freitag, 01. August
Inzwischen ist es Mittag und die Unlimited dürfte bald mit ihrer Unbekannten fertig sein. Das Wetter ist echt spannend: Mal regnet es ein wenig, mal ziehen tiefe Wolken durch. Es ist ein ständiges Stop and Go. Gerade kam die Meldung, dass jetzt erst mal Pause ist bis 1400 wegen Regen.
Heute Vormittag hatten wir eine längere Debatte, weil der Vorschlag kam, für Programm 4 je 50% der ADV und UNL fliegen zu lassen. Leider sieht das geltende Reglement solche Cuts nicht mehr vor. Also wurde über eine temporäre Regeländerung abgestimmt. Inzwischen haben wir eine geänderte Startliste für die ADV. Das heisst, wenn die UNL durch ist, werden wir es mit Programm 4 versuchen. Manfred ist dann der einzige Schweizer, der mit der Free Unknown noch dran kommt.
Inzwischen ist auch der letzte Durchgang der ADV gelaufen. Das Wetter besserte sich nach 1400 Uhr zusehends und gegen 1830 war der letzte Flug dieser Advanced-WM absolviert. Die Wertungen sind noch nicht komplett und dürften erst morgen Vormittag endgültig sein.
Manfred hatte Pech: Wegen eines technischen Problems mit dem Swift der Polen gab es eine Meinungsverschiedenheit zwischen Jury und Hauptschiedsrichter. Philippe schickte ihn für über zehn Minuten ins Holding, bevor er die Box wieder freigab. Danach war natürlich die Konzentration ziemlich im Eimer und Manfred flog weit unter seinem Niveau. Aber was soll’s, wir sind ja schliesslich hier, weil es uns Spass macht, oder?
Der Sportsgeist der Polen ist jedenfalls beispielhaft! Obwohl sie mit Katarzina Zmudzinska eine sichere Weltmeisterin hatten, stimmten sie trotzdem diesem Murks mit dem 50%-Durchgang für die Advanced zu. Es kam wie es kommen musste: Nachdem der erste Swift der Polen ausgefallen war, musste Katarzina mit einem Ersatzflugzeug starten. Das war auch für ihre Nerven zu viel und sie verlor den schon sicheren Titel an den Franzosen Romain Vienne, der ein absolut tadelloses Programm flog.
Dienstag, 05. August
Wir sind wieder daheim. Am Sonntag fuhren wir bis zum Flugplatz Jena-Schöngleina, wo Christoph für uns Übernachtung organisiert hatte. Montag Morgen, nach dem Frühstück ging’s weiter Richtung CH.
Doch der Reihe nach: Ich bereute es bitter, dass ich mich am Freitag von Pik ins Holding schicken liess, anstatt zu sagen „Kiss my…“ und einfach zu klinken. Die Dummheit, weiter zu fliegen, kostete mich nicht weniger als fünf Ränge. Aber so ist’s eben im Kunstflug: Jeder Fehler wird sofort bestraft!
Nachdem sich die Unlimited nicht auf den Unsinn mit dem 50%-Cut einliess, begann man noch mit dem vollen vierten Durchgang, nur um am Samstagmorgen die ganze Übung wegen zu schlechter Wetterbedingungen abzublasen.
Am Samstagmittag gab es noch eine Mini-Airshow mit der immer wieder schön anzusehenden Freestyle-Vorführung von Altmeister Jurek Makula und einem weitaus weniger überzeugenden Motorkunstflieger mit einer Zlin 50.
Am Nachmittag hatten wir dann die Siegerehrung mit vielen überflüssigen Reden von allen möglichen Honoratioren und der immer wieder erfreulich humorvollen Rangverkündung durch Pik Küchler. Am Abend gab es noch das Abschiedsessen in einem alten preussischen Fort aus dem 19. Jahrhundert, das mit einem ansehnlichen Feuerwerk und dem allgemeinen Abschiednehmen ausklang.
Fazit:
Unser fünfter Rang in der Teamwertung und die FAI-Urkunde sind ein schwacher Trost für eine nicht wirklich befriedigende Vorstellung. Im Vergleich zu den Polen oder Franzosen sind wir leider arme Hunde. Die Franzosen werden grosszügig vom Staat gefördert und können trainieren auf Teufel komm raus. Die Polen haben dank der exzellenten Beziehungen von siebenfach-Weltmeister Jurek Makula potente Sponsoren und können sich auch ein sehr gutes Training leisten. Wir müssen uns sozusagen jeden Trainingsstart am Munde absparen und müssen deshalb den bestmöglichen Effekt aus unserem Training herauszuholen. Weiterhin können Franzosen, Polen und Deutsche mit viel grösseren Teams antreten, somit haben sie mehr Chancen gute Einzel- oder Teamergebnisse zu erzielen.
Um unsere Resultate zu verbessern, müssen wir, meiner Ansicht nach, erstens die Effizienz unseres Trainings verbessern und zweitens mehr Schweizer Pilotinnen und Piloten dazu bringen, mit uns bei einer WM anzutreten.
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