Jonas‘ Bericht für das Segelflug-Bulletin
Mittwoch, 20. Juli
Wegen der tiefen Wolkenbasis kam es am Mittwoch weder für die Advanced noch für die Unlimited zu einer Wertung.
Die Eröffnungszeremonie am Abend überstieg dafür meine Erwartungen: Nachdem wir nach den Ländern sortiert einstehen mussten, marschierten wir hinter der ungarischen Militärmusik zum Rednerpult. Nach einigen Reden (welche angemessen lang waren) wurde die Flagge der FAI von einem Fallschirmspringer übergeben. Anschliessend raste Peter Besenyei mit seiner Edge 540 mit Rauch über unsere Köpfe. Wie zu erwarten, war seine Flugshow der Hammer! Ist aber nicht gerade zum Nachahmen gemacht…
Ich konnte mit meiner Freundin sogar noch ein Teamfoto mit ihm machen.
Zum Abschluss führte ein Gripen der Ungarischen Luftwaffe noch ein Display vor. Jaa, den könnten wir schon gebrauchen. Lärm macht er zumindest mal ordentlich. Ein schmackhafter Apéro rundete den Abend perfekt ab.
Donnerstag, 21. Juli
Heute liess das Wetter den ersten Flug, die „Free Known“ zu. Eigentlich dachte ich, ich müsse mit der Startnummer 16 noch vor dem Mittag fliegen. Aber nach dem vierzehnten Flug wurde zur Mittagspause abgebrochen. Fand ich nicht sonderlich toll, lieber fliege ich möglichst als erster und bringe es hinter mich, bevor die Punktrichter müde werden und die Thermik einem durchschüttelt…
Dass ich nervös war, kann ich schlecht abstreiten. Schliesslich sind nach letztem Jahr die Augen schon etwas auf mich gerichtet. Und selbst würde ich ja auch gerne wieder dasselbe erreichen… Umso erleichterter war ich, als ich den Flug ohne gröberen Schnitzer beendet hatte.
Die Kritik von Kollegen nach dem Flug war zwar hart: „Letztes Jahr bist du schon etwas weniger hektisch geflogen.“ Sie stimmte mich nicht sonderlich positiv… Aber letztendlich „blieb“ mir der 3. Rang in der Free Known! Poa toll! Wäre ich nicht 18 Sekunden ausserhalb der Box geflogen (was mich sehr erstaunt), dann hätte es sogar noch für den Tagessieg gereicht!
Offenbar fliege ich doch noch etwa auf dem gleichen Niveau wie letztes Jahr, obwohl meine vorgängigen Trainingsflüge an einer Hand abzählbar sind…
Jetzt hoffe ich darauf, die unbekannten Pflichtprogramme besser zu meistern, als letztes Jahr. Dazu muss ich mich mehr auf die Präzision konzentrieren, als einfach das Programm nur „fehlerfrei“ zu fliegen. Und eben etwas gelassener, nicht so hektisch. Leider sind aber wieder zwei gemeine Figuren dabei, die ich gerne noch richtig geübt hätte. Naja, mentales Training lässt grüssen…
Freitag, 22. Juli
Ich war erstaunt am Briefing, dass die Advanced gleich am Morgen schon wieder fliegen musste. Offenbar konnte die Unlimited noch alle Flüge am Vortag durchbringen. Das hiess für mich, mit der Startnummer 8, die ich gezogen hatte, schnell den Fox an den Start schieben und mich nochmals ordentlich vorbereiten. Ich war ganz positiv gestimmt, denn das Programm war nicht allzu schwer, und ich hatte sogar meine Lieblingsstartnummer gezogen!
Meinen Flug fand ich ganz OK, ausser dass die Box für mich wieder einmal „zu klein“ gewesen war. Ich hatte fast noch das bessere Gefühl, als beim ersten Flug. Naja, enttäuschend war dann für mich die Wertung. Am Schluss belegte ich den 15. Rang. Das Hauptproblem waren die Boxouts von 23 Sekunden. Der Grund war wohl, dass ich einfach in einer Passage zu schnell unterwegs war und zu lange (auch wenn’s eigentlich schön ist) Figurentrennung machte – denn ich war sowohl auf der Luv-, als auch auf der Leeseite der Box draussen (17 und 6 Sek.). Das Weibchen fiel etwas schräg, dafür sind die zwei letzten Figuren ganz ordentlich geworden. Vor ihnen hatte ich am meisten Respekt, und ich konnte sie kaum trainieren. Klar, ich könnte mit dem 15. Rang (bei 39 Teilnehmern) eigentlich ganz zufrieden sein aber ich hatte einfach höhere Erwartungen nach dem ersten Flug und nach dem Erfolg im letztem Jahr…
Es kamen auch schlechtere Erinnerungen auf vom letzten Jahr, als ich die Bekannten tiptop flog, und dann bei den Unbekannten nicht so brillierte.
Samstag, 23. Juli
Was soll ich sagen. Ich bin etwas aus der Fassung. Der Flug war schlicht unter meinem Niveau. Die Free Unknown, die ich mir zusammengebastelt hatte, war ganz gut zusammengestellt! Aber meine Ausführung war einfach ein „Gehudel“. Ich fühlte mich völlig gelassen und sowas von bereit für den Flug. Die Bedingungen waren auch nicht schlecht: Am Abend (gut, da ist man langsam müde) keine Thermik, wenig Wind (hätte ich zwar gebrauchen können bei dem Programm) und tote Luft.
Oben angewackelt, 45° abwärts, und schon geriet ich etwas aus dem Konzept: Ich war schon zu nahe am Ende der Box. Zweite Figur: Hochziehen in einen gedrückten Humpty. Warum in aller Welt fliege ich eine 80° Linie nach oben, statt 90° ?!? Gut, ruhig bleiben, nächste Figur. Aufschwung mit vier Achtel. Nicht mein Liebling, natürlich auch nicht geübt (tönt langsam nach einer Ausrede ), leicht aus der Richtung. Und das ging so weiter…
Dann folgte der Höhepunkt: Nach einem schrägen Humpty, bei dem man oben sehr langsam rauskommt, folgte ein Trudler. Ich hätte es eigentlich gewusst: mit 60 km/h geht der Fox kaum in den Trudler, 80 km/h müssten es sein bei meinem Gewicht. Dumm von mir, dass ich vorher nicht noch einmal Fahrt aufgenommen habe. Entsprechend wollte die Strömung gar nicht abreissen, erst nach ca 60°. Da darf ich mit einem Nuller rechnen. Ja, und so ging’s weiter. Aber ich war immerhin noch so vernünftig, dass der Rest der Figuren in die Box passte.
Fazit: Den Kopf nicht in den Sand strecken, und nicht aufgeben. Ist natürlich besonders enttäuschend nach dem Flug vom ersten Tag, aber was soll’s. Ich kann das besser! Die Wertung ist zwar noch nicht draussen, da die letzten zehn Piloten heute nicht mehr fliegen konnten. Morgen kommt es dann raus, wie „schlimm“ es wirklich war. Jetzt noch den Abend geniessen und mich aufmuntern lassen, und natürlich die „Unknown 2“ bereits einstudieren. Aufgeben kommt gar nicht in Frage!
Montag, 25. Juli
Diesmal berichtet Manfred (Jury-Präsident) von dem Tag:
„Heute ging’s erst zu Mittag los. Die Advanced sollte die 2. Unbekannte fliegen. Das Programm war recht flüssig und sollte Jonas eigentlich liegen.
Nachdem sich die Wetterprognose anfangs mit Gewitterrisiko stabilisiert hatte (die Gewitter blieben im Westen des Landes), ging’s gegen 13.40 Uhr mit Tobi, dem Warmup los. Der Wind oben in der Box war kein Thema, umso erstaunlicher war es dann, dass es einige Piloten auf phantastische Box-out-Zeiten brachten. Bald kam der Verdacht auf, dass mal wieder von interessierter Seite „nachgeholfen“ wurde (siehe voriges Jahr bei den Tschechen). Ich kann dazu nur sagen, dass ich die Messgeräte der Linienrichter kontrolliert habe und diese sogar erstaunlich genau waren. Aber die Box-Outs einiger bis dahin führender Teilnehmer machten auch mich stutzig.
Morgen will ich stichprobenartig die aufgeschriebenen Zeiten mit den Daten des Polnischen Positionsmess-Systems vergleichen. Leider ist das System noch nicht offiziell und hier nur im Testeinsatz. Weil aber bei diesem Programm die Punktabstände sehr knapp waren, sorgten die Box-Strafpunkte für erhebliche Verzerrungen in der Rangliste, bei Einigen bis zu sechs Rängen!
Jonas war erst recht spät dran (Startnummer 30 von 39). Abgesehen von der Nervenbelastung durch das lange Warten, ist das nicht mal schlecht. Wenn die Punktrichter abends müde werden, pflegen sie weniger scharf hinzuschauen und punkten generell gnädiger. Ich sass während seines Flugs neben Philippe und hörte mir nur seine bissigen Kommentare an. Aber auch für meinen Geschmack kann Jonas sicher noch besser fliegen. Ich hab ihm das dann auch in aller Freundschaft gesagt und ihm Pik’s sarkastische Hinweise schonend übermittelt. Die Punktrichter taten ihm jedenfalls nicht weh und er kann mit seinem sechsten Tagesrang mehr als zufrieden sein.“
Mittwoch, 27. Juli
Mit dem vierten Zwischenrang war ich ganz zufrieden. Jetzt wollte ich versuchen, ein paar Punkte aufzuholen, damit es vielleicht fürs Podest reichen würde…
Vorgestern Abend ist auch meine Verstärkung (oder eher Fans und Feriengäste?) aus Amlikon eingetroffen. Wir erwarteten, dass ich um etwa 17:00 Uhr fliegen könnte, aber mein Start verzögerte sich. Weil die Wolkenbasis noch zu tief war, kam ich erst um 19.00 Uhr in die Luft. In der Zwischenzeit schauten wir die letzten Flüge der Unlimited an und ich bereitete mich mental auf das Programm vor, oder übte mit Anna den „Flieger“. Schliesslich war es dann so weit: Gut vorbereitet auf den Flug, liess ich mich von der Cessna auf 1250 m in die Box schleppen.
Naja, ich bin definitiv schon sauberer geflogen. Das Weibchen ist etwas schräg gefallen und auch sonst war der Flug nicht so flüssig. Vor allem waren die Figurentrennungen bei mir auf einmal Mal nicht mehr so schön, wie sonst. Trotzdem zufrieden, keinen grossen Patzer eingebaut zu haben, stieg ich aus dem Fox. Gemäss Marvin soll ich bis anhin doch am schönsten geflogen sein, aber ich könne das definitiv noch besser, meinte er… Das sagten auch die Resultate. Der elfte Rang, nach 22 gestarteten Piloten, war dann schon etwas enttäuschend, denn damit reicht es nicht aufs Podest. Was zugegeben auch nicht zu erwarten war. Aber versucht habe es jedenfalls mit vollem Einsatz!
So wie es aussieht, regnet es am Donnerstag, sodass wahrscheinlich die Advanced und die Unlimited am Freitag noch das fünfte Programm fertig fliegen müssen. Das würde aber auch bedeuten, dass es wohl keinen sechsten Flug geben würde. Wir werden ja sehen. Dafür haben wir mal einen ganzen freien Tag, den wir zu fünft geniessen können. Herzlichen Dank an Fabian für die vielen tollen Fotos!!
Schlussbericht zur diesjährigen WM:
Unerwarteter Weise mussten wir am Freitag doch nicht mehr mit dem fünften Programm beginnen. Grund war wohl, dass die Wahrscheinlichkeit nicht klein war, dass sie nicht alle durchbringen würden weil am Morgen und Mittag die Wolken oft zu tief waren. Zudem musste alles vorbereitet werden für die abschliessende Flugshow und Siegerehrung mit Galadinner.
Für mich bedeutete dies: 5ter Platz in der Kategorie Advanced! Auf mein Resultat bin ich trotzdem etwas stolz, auch wenn ich mit meiner Flugleistung nicht so ganz zufrieden war… Nach dem Resultat vom letzten Jahr und dem ersten Flug der Free Known hatte ich mich einfach auch zu sehr unter Druck gesetzt. Trotzdem 5ter von 39 Teilnehmern und bester Mitteleuropäer??
Die Flugshow war echt gut! Es waren auch ziemlich viele Besucher da, welche man sonst während der WM kaum antreffen konnte. Modellflugzeuge, Formationsflüge, Display von einem Gripen… alles war dabei. Für mich waren aber folgendes die Highlights: Das Show-Programm von Zsoltan Veres, mit seinem wirklich haarsträubenden und gänsehauteinflössenden Programm. Nicht dass man ihn als Vorbild nehmen sollte. Weiter die altbekannte Sequenz von Ferenc Toth welche immer wieder schön zu sehen ist mit seiner Musik. Am späteren Abend gab’s noch einen Dämmerungsflug mit Feuerwerk. Ich erinnere mich an die „Aaahhh…’s“ als die Feuerstreifen am Himmel aufleuchteten…
Bei der Rangverkündigung durfte ich eine Bronzemedaille in der Free Known entgegennehmen sowie in der Gesamtwertung ein Diplom für den 5ten Platz von insgesamt 39 Teilnehmern.
Der Abend wurde mit einem Galadinner beendet, bei dem es doch noch Freibier gab und sich der Schwedische Weltmeister beim Tanzen das Knie auskugelte… Soll mir noch einer sagen Kunstfliegen sei gefährlich!
Fazit: Es wäre schon schön, wenn die Schweiz wieder mal ein grösseres Team stellen könnte, damit es eine Teamwertung geben würde. Aber nicht nur deswegen – alleine der Aufwand ist doch etwas grösser und ein gewisser Rückhalt fehlt (auch wenn Jochen (aus der Ferne), Anna und das Deutsche Team mir da gut beigestanden sind). Dazu muss ich auch sagen, dass es schon mehr Freude macht, wenn man richtig gut trainiert an die WM geht. Leider hatte ich dieses Jahr kaum die Gelegenheit dazu, und deshalb versuchte ich einfach meinen letztjährigen Trainingsstand wieder abzurufen oder noch was zu verbessern. Klar, das geht leider am Wettbewerb dann aber nicht mehr. Darum bin ich mit meinem 5ten Gesamtrang absolut zufrieden – auch wenn ich mir nach dem ersten Flug mehr erhoffte. In diesem Sinne wünsche ich mir für Zukunft neuen Nachwuchs damit ich nicht mehr als Einzeldarsteller gehen muss, sowie die Möglichkeit wenigstens etwas mehr zu trainieren. Wer weiss…
Alle Ergebnisse, wie immer, auf CIVA-Results.
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